Seit dem 7. Oktober 2023 ist Berlin regelmäßig Schauplatz von Demonstrationen im Kontext des Nahost-Konflikts. Insbesondere pro-palästinensische Versammlungen wie die kürzlich abgehaltene Nakba-Demo zeigen ein beunruhigendes Maß an Gewaltbereitschaft. Dabei geraten nicht nur Einsatzkräfte ins Visier – auch Journalistinnen und Journalisten werden zunehmend Opfer gezielter Angriffe.
Laut der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ haben sich die Angriffe auf Medienschaffende in Deutschland 2024 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Von den 89 dokumentierten Fällen entfielen allein 49 auf Berlin – viele davon im Zusammenhang mit propalästinensischen Demonstrationen. Besonders auffällig ist, dass gezielt gegen Reporter vorgegangen wird, die regelmäßig über diese Veranstaltungen berichten. Einige wurden körperlich angegriffen, bedrängt oder in ihrer Arbeit massiv behindert .

Gleichzeitig wurden laut einem Bericht der „Welt“ allein in Berlin fast 6.000 Straftaten mit direktem Bezug zum Nahost-Konflikt registriert – 90 % davon anti-israelisch motiviert. Neben Volksverhetzung und dem Verwenden verfassungswidriger Symbole sticht besonders die Gewalt gegen Polizeikräfte hervor: Bei der Nakba-Demo wurde ein Beamter am Boden liegend von mehreren Personen getreten und schwer verletzt – erst unter erheblichem Krafteinsatz konnte er von Kollegen gerettet werden. Es handelt sich dabei nicht mehr nur um Körperverletzung – juristisch kann dieser Angriff durchaus als versuchter Totschlag gewertet werden.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Kritik von Prof. Dr. Clemens Arzt im rbb24-Beitrag als realitätsfremd. Er sprach von einer angeblichen „Früheskalation“ durch die Polizei und unterstellte ihr ein „Abrücken von der Versammlungsfreiheit“ seit dem 7. Oktober. Solche Aussagen zeugen von ideologischer Voreingenommenheit und ignorieren völlig die Eskalationsdynamik auf Seiten der Demonstranten.
Was Dr. Arzt völlig ausblendet: Die Polizei hat sich bei der Nakba-Demo trotz massiver Angriffe und Straftaten bemüht, im Dialog mit den Veranstaltern zu bleiben und die Versammlung bis zum Ende weiterlaufen zu lassen. Das ist keine Eskalation – das ist eine riskante Zurückhaltung. Wer am Boden liegende Beamte tritt, antisemitische Parolen ruft und Pressevertreter angreift, missbraucht das Demonstrationsrecht. Und wer in solchen Fällen auf Seiten der Täter von „Eskalation durch die Polizei“ spricht, trägt dazu bei, die Realität zu verzerren.

Der einzige legitime Vorwurf, der in diesen Tagen gegen die Polizei erhoben werden kann, ist nicht ihre Härte, sondern ihre Nachsicht. Denn die Zurückhaltung in Berlin gegenüber diesen gewaltbereiten Aufzügen sendet ein verheerendes Signal: Dass Gewalt geduldet wird, wenn sie politisch brisant genug aufgeladen ist. Die Berliner Polizei wäre längst berechtigt – ja sogar verpflichtet – konsequenter gegen diese Ausschreitungen vorzugehen. Dass sie es bislang nicht tut, liegt möglicherweise an politischem Druck oder einem falsch verstandenen Deeskalationswillen. Doch dieser kommt in solchen Lagen nicht nur an seine Grenzen, sondern kann zur Schwächung des Rechtsstaates selbst führen. Wenn Versammlungsfreiheit bedeutet, dass Beamte fast totgetreten werden dürfen und Reporter nicht mehr sicher arbeiten können, dann ist es höchste Zeit, diese Freiheit neu zu definieren – und klare Grenzen zu setzen. Denn wer das Demonstrationsrecht schützt, muss auch entschlossen gegen seine systematische Ausnutzung vorgehen.
